top of page

Warum Krafttraining bei vielen Beschwerden helfen kann — wissenschaftlich erklärt

Viele Menschen verbinden Physiotherapie noch immer mit Massagen, Wärme oder Dehnungen. Doch moderne Physiotherapie arbeitet zunehmend bewegungs- und funktionsorientiert. Ein zentraler Baustein dabei: Krafttraining.

Wissenschaftliche Studien zeigen übereinstimmend, dass gezielter Kraftaufbau bei vielen muskuloskelettalen Beschwerden — z. B. bei chronischen Rückenschmerzen, Knieschmerzen, Schulterproblemen oder allgemein reduzierter Belastbarkeit — positive Effekte auf Schmerz, Funktion und Lebensqualität haben kann.


Was die Forschung wirklich sagt

Eine Frau, die im Rahmen einer Krankengymnastik eine therapeutische Übung gezeigt bekommt.

Mehrere Übersichtsarbeiten belegen, dass Widerstandstraining Schmerzen reduzieren und die körperliche Funktion verbessern kann.

Eine Meta-Analyse zu chronischen Rückenschmerzen zeigt, dass regelmäßiges Krafttraining sowohl die Schmerzintensität als auch Einschränkungen im Alltag signifikant senken kann (z. B. Liu et al., 2024). Auch bei Beschwerden wie Fibromyalgie oder chronischen Nacken- und Armschmerzen wurden vergleichbare Verbesserungen beobachtet, darunter weniger Schmerz, höhere Kraft, bessere Ermüdungsresistenz und gesteigerte Lebensqualität (z. B. Busch et al., 2018).

Ein weiterer wichtiger Befund: Die Wirkung entsteht besonders dann, wenn Training regelmäßig und progressiv erfolgt — nicht zwingend schwer, aber so, dass der Körper tatsächlich einen Reiz erhält.


Kurz zusammengefasst: Krafttraining ist eines der am wirksamsten aktiven Verfahren in der muskuloskelettalen Physiotherapie.


Warum Krafttraining wirken kann — physiologisch und funktionell

🔹 Muskelkraft & Stabilität der Gelenke:

Schwache Muskulatur bedeutet oft: Gelenke und Wirbelsäule werden dauerhaft überlastet oder falsch belastet. Durch gezieltes Krafttraining werden Muskeln — auch die tiefliegende stabilisierende Muskulatur — gestärkt, was die Wirbelsäule stabilisiert und Gelenke entlastet. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit für Überlastung, Fehlbelastung und chronische Beschwerden.

🔹 Verbesserte Ausdauer und Belastbarkeit:

Krafttraining steigert nicht nur Maximalkraft, sondern oft auch Muskelausdauer und Ermüdungswiderstand. Das bedeutet: Im Alltag oder Beruf (z. B. Heben, Tragen, wiederholte Bewegungen) hält der Körper länger durch, Schmerzen und Überlastung treten seltener auf.

🔹 Besserer Alltag und mehr Funktionalität:

Regelmäßig trainierte Muskelgruppen unterstützen Bewegungen und Alltagsbelastungen — das kann sich in weniger Beschwerden, höherer Belastbarkeit und besserer Lebensqualität zeigen. Gerade bei chronischen Schmerzen oder muskulär bedingten Problemen bietet Krafttraining damit eine solide, nachhaltige Therapieoption.


Worauf kommt es bei Krafttraining an — damit es wirkt

Eine physiotherapeutische Behandlung.

Damit Krafttraining seine gesundheitlichen Effekte entfalten kann, zeigen die Studien:

  • Regelmäßigkeit: Langfristige Programme (z. B. über 12 Wochen oder länger) sind wirksamer als sporadische Einheiten.

  • Ausreichende Intensität und Progression: Übungen sollten so gewählt werden, dass eine moderate bis angemessene Belastung erreicht wird und im Verlauf gesteigert wird — das fördert Kraftzuwachs und Anpassung.

  • Individualisierung: Alter, Fitnesszustand, bestehende Beschwerden und Alltag sollten bei der Trainingsgestaltung berücksichtigt werden — ein „one-size-fits-all“-Programm funktioniert selten optimal.

  • Qualität der Ausführung: Saubere Technik und Kontrolle sind essenziell — falsche oder unkontrollierte Bewegungen können sonst mehr schaden als nützen.


Übungsbeispiele — sinnvoll als Einstieg und übertragbar in den Alltag

Für viele Beschwerden und als Basis für Kraftaufbau und Stabilität eignen sich einfache, funktionelle Übungen. Studien zeigen, dass gerade multi-gelenkige Übungen und Rumpf-/Core-Stabilisationsübungen in der Praxis wirksam sind.

Hier einige Beispiele (mit Variationen je nach Fitnesslevel):

  • Kniebeuge (Squat) mit dem Körpergewicht oder Zusatzgewicht – stärkt Beine, Hüfte und Rumpf

  • Hüftheben / Hip Thrust – gut für Gesäß und unteren Rücken, entlastet Lendenwirbelsäule

  • Rudern mit Theraband oder Kabelzug – kräftigt Rücken und Schulterbereich, unterstützt Haltung und Schultergesundheit

  • Liegestütze / Varianten – kräftigen Oberkörper und Rumpf, verbessern Stabilität

  • Core-Übungen wie Plank oder „Dead Bug“ – stabilisieren Rumpf und Wirbelsäule, verbessern Kontrolle

Diese Übungen können Teil eines Trainingsplans sein, der mit Blick auf Beschwerden, Alltag und Belastbarkeit individuell gestaltet ist.


Fazit — Krafttraining als evidenzbasierte Ergänzung

Krafttraining ist keine pauschale „Wunderlösung“, aber — basierend auf zahlreichen Studien — eine evidenzbasierte, wirksame Methode, um bei chronischen muskulären Beschwerden, Rückenschmerzen oder genereller Instabilität Schmerz, Funktionseinschränkungen und Lebensqualität positiv zu beeinflussen.

Wenn du über Beschwerden klagst oder einfach mehr Stabilität und Qualität im Alltag suchst, kann ein gezielter, individuell angepasster Krafttrainingsplan — idealerweise begleitet durch professionelle physiotherapeutische Anleitung — eine hervorragende Option sein.


Quellen:

  • Busch, A. J., Webber, S. C., Richards, R. S., Bidonde, J., Schachter, C. L., Schafer, L. A., Danyliw, A., Sawant, A. Bello-Haas, V. D. Rader, T., & Overend, T. J. (2013). Resistance exercise training for fibromyalgia. Cochrane database of systematic reviews, 2013(12). https://doi.org/10.1002/14651858.CD010884

  • Liu, Y., Wang, Y., Dong, K., & Kuan, G. (2024). Interventions of Exercise Therapy for Chronic Non-Specific Low Back Pain: A Comprehensive Systematic Review and Comparative Study of Effects. https://doi.org/10.21203/rs.3.rs-3936167/v1


 
 
 

Kommentare


bottom of page