Vitamin D, oft als "Sonnenvitamin" bekannt, spielt nicht nur eine zentrale Rolle für unsere Knochengesundheit, sondern ist auch ein entscheidender Faktor für das Nervensystem. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass ein Mangel an Vitamin D weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit des Gehirns und die Schmerzwahrnehmung haben kann. Doch was genau passiert im Körper bei einem Vitamin-D-Mangel, und warum ist das so problematisch?
Die Rolle von Vitamin D im Nervensystem
Vitamin D wird in seiner aktiven Form, 1,25-Dihydroxyvitamin D, als Neurohormon betrachtet. Es bindet an spezielle Rezeptoren im Gehirn und Rückenmark, um entzündungshemmende und schützende Wirkungen zu entfalten. Diese Funktionen sind essenziell für die Stabilität des Nervensystems, besonders in Bezug auf die Immunzellen des Gehirns – die sogenannten Mikrogliazellen.
Mikrogliazellen agieren wie Wächter im zentralen Nervensystem. Sie reagieren auf Verletzungen oder Krankheiten und beeinflussen Entzündungsprozesse. Bei einem Vitamin-D-Mangel können diese Zellen überreagieren und Schäden verursachen.
Was passiert bei einem Vitamin-D-Mangel?

Forscher haben herausgefunden, dass ein Vitamin-D-Mangel die Mikrogliazellen in einen „aktivierten“ Zustand versetzt. Diese Zellen beginnen, übermäßig reaktive Sauerstoffspezies (ROS) zu produzieren, was zu oxidativem Stress führt. Oxidativer Stress schädigt Zellen, einschließlich ihrer DNA, und trägt zu Entzündungen bei. Gleichzeitig können die Zellen in einen „dystrophischen“ Zustand verfallen, in dem sie ihre Funktionen nicht mehr ordnungsgemäß ausführen.
Studien an Mäusen zeigen, dass diese Veränderungen sowohl im Gehirn als auch im Rückenmark auftreten. Besonders auffällig war, dass weibliche Mäuse stärker betroffen waren als männliche. Dies könnte erklären, warum Frauen häufiger an chronischen Schmerzerkrankungen leiden.
Wie wirkt sich ein Mangel auf Schmerzen aus?
Ein Vitamin-D-Mangel wurde mit einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit in Verbindung gebracht. Sowohl weibliche als auch männliche Mäuse zeigten eine niedrigere Schmerzschwelle, was auf eine Fehlregulation der Schmerzverarbeitung im Nervensystem hinweist. Dies könnte erklären, warum viele Menschen mit chronischen Schmerzen von einer verbesserten Schmerzlinderung durch Vitamin-D-Supplementierung berichten.
Lösungen und Perspektiven

Die gute Nachricht: Die negativen Effekte eines Vitamin-D-Mangels können zumindest teilweise rückgängig gemacht werden. Sowohl die Zufuhr von Vitamin D als auch der Einsatz bestimmter Substanzen wie Palmitoylethanolamid (PEA) haben in Studien gezeigt, dass sie Entzündungen reduzieren und die Gesundheit der Mikrogliazellen verbessern können.
Fazit
Ein Vitamin-D-Mangel hat weitreichendere Konsequenzen, als viele denken. Er betrifft nicht nur die Knochengesundheit, sondern auch das Nervensystem, die Schmerzwahrnehmung und das Immunsystem. Regelmäßige Sonneneinstrahlung und eine ausgewogene Ernährung können helfen, einem Mangel vorzubeugen. Für Menschen mit chronischen Schmerzen könnte es sinnvoll sein, den Vitamin-D-Spiegel überprüfen zu lassen und gegebenenfalls mit einem Arzt über eine Supplementierung zu sprechen.
Quelle
Alessio, N., Belardo, C., Trotta, M. C., Paino, S., Boccella, S., Gargano, F., Pieretti, G., Ricciardi, F., Marabese, I., Luongo, L., Galderisi, U., D'Amico, M., Maione, S. & Guida, F. (2021). Vitamin D deficiency induces chronic pain and microglial phenotypic changes in mice. International Journal of Molecular Sciences, 22(7), 3604. https://doi.org/10.3390/ijms22073604
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